Welcome to QualityLand

Ein durchaus lesenswerter Roman ist Marc-Uwe Klings neuestes Werk QualityLand. Fasziniert von dieser locker leichten Komödie mit bitterem Kern, lasse ich mich deshalb an dieser Stelle zu einer kurzen Rezension hinreißen.

Der Autor selbst bezeichnet QualityLand als lustige Dystopie (…welch geniales Oxymoron). Er entführt mit den Mitteln der Satire in ein fiktives Land der Zukunft, in dem alles besser, nein am besten ist. Für Aussagen über QualityLand wurden der Positiv und der Komparativ abgeschafft, es ist nur der Superlativ zu verwenden. Überhaupt wurden mit der Umbenennung in QualityLand (der Werbeslogan „Made in QualityLand“ klingt einfach unschlagbar gut…) einige alte Zöpfe abgeschnitten und bisher gültige Konventionen über Bord geworfen. Übliche Familiennamen gibt es beispielsweise nicht mehr, stattdessen erhält jeder Junge den Beruf des Vaters und jedes Mädchen den Beruf der Mutter als Namen. Es gilt stets der Zeitpunkt der Zeugung(!), was einigen Figuren im Buch köstlicher Weise zu überaus interessanten Namenskonstellationen verhilft…

Am Beispiel der Protagonisten Peter Arbeitsloser und Martyn Vorstand nähert man sich den Besonderheiten von QualityLand gleichermaßen vom unteren, wie auch vom oberen Rand der Gesellschaft, um später verblüffende Parallelen zu entdecken.

Selbstredend sind Lieferdrohnen und autonom fahrende Autos in QualityLand längst Realität. Überraschend ist es dann vielmehr, wenn ein solches Auto versucht den Fahrgast in philosophische Diskussionen über seine Steuerungsalgorithmen zu verwickeln, oder wenn man allerlei ausgemusterte und defekte Androiden kennenlernt, die allzu menschliche Zipperlein und Wehwehchen umtreiben.

QualityLand ist ein gesellschaftskritischer Roman, der viele brandaktuelle Themen anspricht, gekonnt weiterentwickelt und schließlich auf die Spitze treibt. Satirisch überspitzt werden zum Beispiel die Auswirkungen von Big Data und die Folgen Social Scoring dargestellt. Eingehend beschäftigt sich der Autor mit dem Filterblasen-Phänomen. Anschaulich wird gezeigt, wohin absoluter und bedingungsloser Technikglaube in nicht allzu ferner Zukunft führen könnte. In QualityLand wird das Leben konsequent von Algorithmen bestimmt. Von diesen werden den Menschen scheinbar alle Entscheidungen abgenommen. Gekonnt wird der Bogen zur Entwicklung künstlicher Superintelligenz gespannt. Ein mulmiges Gefühl hinterlässt die Vorstellung, dass eine solche letztendlich die Herrschaft über die Menschen übernehmen könnte. Dieser Ausgang wird im Roman jedoch offengelassen.

Als Informatiker stolpert man über die schiere Anzahl präziser Zahlenangaben zu zurückgelegten Wegstrecken, benötigten Mengen und akkuraten Zeitangaben im Buch, die stets eine Zweierpotenz oder eine Primzahl darstellen, man hat seine helle Freude an den Abhandlungen zum Moravec’schen Paradox und grübelt über das Zitat: „Jede Maschine, die schlau genug ist, den Turing-Test zu bestehen, könnte auch schlau genug sein, ihn nicht zu bestehen.“

In diesem Sinne. Viel Spaß beim Lesen!