Stoneman Road in der Gold-Version

Eine Art „Grenzerfahrung“ im doppelten Wortsinn bietet der Stoneman Miriquidi Road in der Gold-Version, dafür ist die komplette erzgebirgische Radtourenstrecke für Rennradfahrer mit der Länge von 290 Kilometern und circa 5000 Höhenmetern an nur einem einzigen Tag zu bewältigen.

Nachdem ich im letzten Jahr mit Freunden bereits die Silber-Variante an zwei aufeinanderfolgenden Tagen absolviert hatte, wollte ich die Runde unbedingt einmal als Tagestour zurücklegen. Ende September oder im Oktober ist dies jedoch auf Grund mangelnden Tageslichts nur noch unter erschwerten Bedingungen möglich, deshalb hatte ich das sportliche Ziel auf den Juni dieses Jahres verschoben. Während der langen Tage des Jahres kann man einfach von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang radeln und muss die Beleuchtung am Rad nur zur Sicherheit mitnehmen. Da es eine günstige Wetterprognose gab und ich meine Fitness als gerade ausreichend betrachtete, fasste ich kurzerhand den Entschluss den Wunsch in die Tat umzusetzen. Meine Frau hatte meine sportlichen Ambitionen schon vor längerer Zeit geahnt und mir zum Geburtstag vorsorglich einen Gutschein für das Stoneman-Starterpaket geschenkt.

Gesagt, getan. Mit ordentlich Lampenfieber nahm ich die Strecke in Angriff. Meine bis dahin längste Tagesfahrt lag mit 220 Kilometern deutlich unter dem neuen Ziel, zumal diese dazumal im Flachland stattgefunden hatte. Die Stoneman-Strecke stellte daher eine entsprechende Herausforderung für mich dar, vor allem weil ich mich nicht unbedingt als geborenen Bergfahrer sehen würde, dafür bin ich mit 75 Kilogramm Wettkampfgewicht einfach zu schwer. Es trotzdem zu schaffen, machte also gerade den Reiz an der Sache aus.

Als Startpunkt meiner Tour wählte ich die Kammbaude am Schwartenberg bei Seiffen aus. Im Gegensatz zum Start in Oberwiesenthal war damit gewährleistet, dass ich den Königsanstieg am Klínovec nicht dann fahren müsste, wenn ich schon 260 Kilometer in den Beinen hätte. Das Übernachten an der Strecke vor Ort bietet sich bei dieser Tour selbstverständlich an, um den zusätzlichen Streß von zwei Stunden An- und Abreise zu vermeiden. Man muss sich vorher ohnehin das Starterpaket für den Stoneman besorgen und unterstützt außerdem die heimische Tourismusbranche. Relativ entspannt kann man so sehr früh starten. Ich wählte 4:35 Uhr als Startzeitpunkt, um nach hinten ausreichend Luft zu haben, falls unvorhergesehene Ereignisse meine Fahrt verzögern sollten.

Landschaftlich ist die ausgesprochen verkehrsarme Strecke sehr reizvoll, wenngleich man bei der Eintagestour keine echte Zeit zum Verweilen hat. Für Genießer bietet sich eher die Zweitagestour an. Die Zeit für das Finden der Stempelstellen, zum Nachweis der Fahrt, sowie die kurzen Pausen zum Nachkaufen von Verpflegung und Getränken summiert sich im Laufe der Fahrt sowieso schon beträchtlich. Eigentlich hatte ich es aus Zeitgründen auch nicht vorgesehen in eine Gaststätte einzukehren, es war maximal ein Kioskbesuch zur schnellen Nahrungsaufnahme eingeplant. Das kam dann allerdings doch anders…

Stempelstelle
Eine der „Stempelstellen“ des Stoneman. Es gibt 13 Kontrollpunkte, die angesteuert werden müssen.

Entgegen der ursprünglichen Wettervorhersage trübte es sich im Laufe des Tages auf tschechischer Seite leider zusehens ein und ab Chomutov musste ich im Nieselregen fahren. Die Wolkenwand hing am Keilbergmassiv fest. Das allein war nicht ausgesprochen schlimm, schließlich blieb es vorerst weiterhin warm. Ich ärgerte mich nur, die dünnen Überschuhe sowie die Knielinge im Quartier gelassen zu haben. Schließlich sollte es tagsüber bis zu 24°C geben, und ich hatte den knappen Platz in den Trikottaschen mit Verpflegung anstatt mit Zusatzkleidung belegt. Wenigstens die dünne Regenjacke hatte ich dabei.

Vermutlich hatte ich im Laufe des Tages, ohne es zu bemerken, zu wenige Kalorien zu mir genommen, jedenfalls hat mich der Aufstieg zum Klínovec dann doch entscheidende Körner gekostet. Oben angekommen, blieb mir nichts weiter übrig, als erst einmal einzukehren, um Schlimmeres zu vermeiden. Die Auswahl war nicht besonders üppig und die große Cola mit 0,33 Litern nicht sehr ergiebig. Der Palatschinken für den ich mich entschieden hatte, war mir am Ende zu süß, so dass ich weder satt noch froh die Baude verließ. Richtig aufgewärmt hatte ich mich in der halben Stunde leider auch nicht. In der Abfahrt fror ich erbärmlich in meinen nassen Klamotten, weshalb ich den Gegenanstieg zum Fichtelberg als willkommene Aufwärmphase verstand.

Fichtelberg
Wettersturz am Fichtelberg. In der Regenwolke wurde es bei eisigem Wind richtig ungemütlich.

Auf dem Fichtelberg wollte ich nur schnell den 10. Checkpoint des Tages abhaken und mich direkt in die Abfahrt stürzen, als plötzlich, wie aus dem Nichts, eine undurchschaubare Wolkenwand den Berghang heraufzog und unmittelbar starker Regen einsetzte. Durch den aufkommenden Wind und den Temperatursturz auf nur noch 13° C kam es mir sofort extrem kalt vor. Ich flüchtete mich kurzentschlossen in die Gastwirtschaft an der Bergstation der Schwebebahn. Mit Kartoffelsuppe und Tee konnte ich mich kurzzeitig erfolgreich aufwärmen. Das Regenradar verriet jedoch, dass sich die eisige Wolke noch mehr als eine Stunde am Fichtelberg austoben wollte. Zähneschlotternd und mit Gänsehaut fuhr ich deshalb nahezu ohne Sicht vom Fichtelberg ab und wurde erst im 18%-Aufstieg zum Bärenstein wieder warm. Dort hatte sich die Außentemperatur auch wieder auf ein erträgliches Maß eingestellt, so dass ich mir sicher war meine Tour, die ich am Fichtelberg kurz auf der Kippe gesehen hatte, erfolgreich zu Ende bringen zu können. Die verbliebenen 75 Kilometer spulte ich deshalb in stoischer Gelassenheit, mit Gedanken an den ersehnten Goldpokal, ab. Wenn man die Zweifel, ob man das gesteckte Ziel erreichen kann, erst einmal ausgeblendet hat, fährt es sich sowieso wie von selbst…

Stoneman
Auf Wunsch gibt es für jeden Finisher der 290km Stoneman-Runde diesen Pokal als Erinnerung.