Der Einfluss sozialer Netzwerke auf die gesellschaftliche Entwicklung

Können soziale Netzwerke die Demokratie gefährden?

Es gibt Länder, in denen kann das bloße Betreiben eines einfachen Blogs richtig gefährlich werden. Dass dies in Deutschland im Jahr 2018 nicht so ist, lobe ich mir. Abgesehen von den modernen technischen Möglichkeiten, war eine solche Art der individuellen freien Meinungsäußerung auch bei uns nicht immer selbstverständlich. Genau dafür liebe ich unsere Demokratie, unser politisches System und unsere vom Grundgesetz garantierte Meinungsfreiheit. Damit dies in Zukunft hoffentlich immer so bleibt, schreibe ich diesen Artikel.

Welche Macht grundsätzlich von sozialen Netzwerken ausgehen kann, haben sowohl der Arabische Frühling als auch der Ausgang der letzten Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten von Amerika gezeigt. Man sollte die Rolle sozialer Netzwerke bei der öffentlichen Meinungsbildung nicht unterschätzen. Deshalb stellt sich mir als Informatiker die Frage, ob soziale Netzwerke (Social Media) eventuell auch in der Lage sein könnten, die demokratische Ordnung und damit die Grundwerte unseres Staates zu gefährden. Das heißt genauer: Könnten sie in naher Zukunft eine elementare Rolle bei der Destabilisierung unserer bestehenden gesellschaftlichen Ordnung spielen? Das klingt auf den ersten Blick sicherlich nach einer steilen These, schließlich wird unsere Demokratie allgemein als stark und wehrhaft betrachtet. Das gewachsene Parteiensystem gilt als etabliert und verlässlich. Aktuelle Entwicklungen lassen mich jedoch aufhorchen und nachdenklich werden.

Ein Hintergrund

Diesen Artikel schreibe ich geprägt von den Ereignissen der letzten Augustwoche 2018 in Chemnitz. Die Nachrichten zum unrühmlichen Ende des dortigen Stadtfestes waren und sind auf allen Kanälen zu finden.

Neben der erschreckenden Gewalttat selbst, hat mich dabei aber am meisten bestürzt und vor allem schockiert, mit welcher Geschwindigkeit sich innerhalb kürzester Zeit eine riesige Menschenmenge zu hasserfüllten Demonstrationen zusammenfinden konnte. Unabhängig von bis dahin noch nicht vorliegenden offiziellen Erkenntnissen wurde die Deutungshoheit über ein durchaus bedauerliches und offensichtliches Tötungsdelikt von der aufgebrachten Menge selbst übernommen. Die Grundpfeiler des Staates zur Durchsetzung von Recht und Ordnung schienen außer Kraft gesetzt worden zu sein. Wütende Menschen fühlten sich dazu legitimiert, zeigen zu müssen: ‚Wer in der Stadt das Sagen hat‘. Derzeit wird wortreich darüber diskutiert, welche Begrifflichkeiten für dieses Ereignis zulässig sind, ohne damit die Chemnitzer Bürger und Sachsen allgemein an den Pranger zu stellen. Man ist also inzwischen zum üblichen Politikbetrieb übergegangen. Für mich stellt aber eher das Ereignis als solches ein Fanal dar, egal wie es im Nachhinein einmal bezeichnet werden mag. Persönlich fühle ich mich vor allem deshalb verletzt, weil ich als junger Mensch 1989 an gleicher Stelle mit dem Ruf ‚Wir sind das Volk‘ friedlich für Freiheit und Demokratie demonstrierte. Wie dieser Ruf nun durch hassende Menschen vereinnahmt und damit verunglimpft und umgedeutet wird, das will ich nicht hinnehmen.

Die besondere Rolle der sozialen Netzwerke bei diesen Vorfällen werde ich im Folgenden genauer beleuchten. Das Ereignis selbst, als auch die anschließende Rezeption und die ersten Versuche der Aufarbeitung förderten eine enorme gesellschaftliche Spaltung zu Tage. Angestachelt durch Populisten entzweit sich der gesellschaftliche Diskurs vor allem an der Frage der aktuellen Flüchtlingspolitik der Bundesregierung, wenngleich offensichtlich ganz andere soziale Probleme sowie generelle Zukunftsängste der Deutschen dahinter stehen. Welche Gräben sich in der Zivilgesellschaft auftun, kann man daran sehen, dass das Thema inzwischen mit einer Emotionalität diskutiert wird, an der sich ganze Freundeskreise aufreiben und mit der sich jede Familienfeier kippen lässt.